2008, 2004 ganz egal - Verschlechterungsverbot unbekannt - oder wird nachgebessert?
[Vorab, Stand August 2021: Die im Folgenden dargestellten, eigentlich unvorstellbaren Handlungen sind inzwischen - mindestens teilweise - unselige Zeichen einer misslungenen Vergangenheit. Am Seevekanal in Harburg wertete das Projekt "Seevekanal 2021" den Lebensraum Stadtgewässer schrittweise wieder auf.]
Dass seit dem Jahr 2000 der gute Zustand bzw. das gute Potential für alle Gewässer klare Zielsetzung ist, dass seit dem ein Verschlechterungsverbot gilt, scheint vielerorts unbekannt geblieben zu sein. Hier ein eklatantes Beispiel einer Gewässerverschlechterung, die schon vorher unzulässig gewesen wäre . . .
Der Seevekanal - wie der Name sagt: ein kanalartiges Gewässer - beliefert seit dem Mittelalter Betriebe im Süden Hamburgs mit Brauchwasser. Er zweigt ab von der Seeve, dem sommerkühlsten Flüsschen Nordniedersachsens, einem der potentiell reichhaltigsten Forellenbäche der Geest. Somit weist der Seevekanal beste Chancen auf, das gute ökologische Potential zu erreichen - wenn man denn Ursachen erkennt und Verbesserungen einleitet.
Obwohl das Umfeld in vielen Bereichen wenig Spielraum lässt,
zeigt alter Baumbestand, was Naturnähe im Gewässerumfeld bedeutet.
Standorttypischer Naturaufwuchs im unmittelbaren Übergang Wasser/Land ist geprägt von Erlen und Eschen. Die Bäume wachsen dort, wo für sie "die richtige Stelle" ist.
Der dreidimensionale, alte Baumbestand liefert das durch Licht und Schatten geprägte Schlussbild der Entwicklung.
Wenn außerdem bachtypische Turbulenz vorhanden ist, treten die charakteristischen Wasserpflanzen ebenfalls auf - hier: Wasserstern.
2004 wurden beim Bau eines Einkaufszentrums mehrere hundert Meter Uferstreifen abgeholzt.
Leider wurde die eine Uferseite anschließend weitgehend mit Beton-Überkragung völlig zerstört. Hoffnung bestand für Uninformierte, dass die verbliebenen Pflanzen des anderen Ufers zumindest dort wieder den Zielzustand der Wasserrahmenrichtlinie herstellen könnten.
Noch waren Erlen vorhanden. Noch zeigten Wasserpfeffer im Wasser
und z.B. Holunder am Steilhang, wie unterschiedliche Horizonte in der und von der Natur (kostenlos!) besiedelt sind. Wie oben erwähnt: die Pflanzen wissen meist am Besten, wo sie hin gehören.
Der Zustand Anfang 2008
Licht am Ende des Tunnels?
Nein, die Pflasterwüste hat auch weiterhin den vorher standorttypisch bewachsenen, offenen Boden ersetzt.
Wer hier reinfällt, ist rettungslos verloren.
Hauptsache, es ist genug Geld da: Falsches Verständnis von Natur in der Stadt mündet immer in fortwährender "Pflege".
Denn die Natur macht, was sie will.
So hat es auch bei den Maya-Tempeln mal angefangen ...
Deshalb muss halt genug Geld zum fortwährenden Schnippseln da sein.
August 2008: Typische Folge am entbaumten Bach - Massenwachstum von die Störung anzeigenden Wasserpflanzenrasen, Anlass für weitere, unnötig erzeugte Geldausgaben.
Zurück zum Zustand und der fatalen Entwicklung im Jahr 2004:
Noch war der Uferbereich vom Wurzelwerk mit einer Vielzahl Lebensräumen und Verstecken ausgestattet bzw. hätte es wieder werden können.
Aber es kam anders.
Das Ufer ist von oben bis unten besiedlungsfeindlich gestaltet. Gewässer- und Bodenschutz - vergessen?
- Wenn dies ein Beispiel für "Saubere Stadt" ist, muss weiter abwärts wohl eine Müllsammelstelle eingerichtet sein.
Der Igelkolben, eine völlig bachfremde Pflanze, zeigt durch ihre Massenvermehrung die Störung und lässt folgende Unterhaltungskosten ahnen . . .
Noch zeigt allerdings der Wasserstern mit seiner Anwesenheit Chancen für Verbesserungsmöglichkeiten.
Einzelne Rest-Erlen lassen eine Ahnung früherer Zustände zu.
Teuer gepflanzter großer Baumersatz hat die Lehren der Natur allerdings nicht beachtet: Zwar stehen jetzt wieder Erlen und Eschen am Ufer, aber in dieser Steilsituation viel zu hoch, als dass sie jemals die ökologischen Funktionen für das Gewässer übernehmen könnten. Wenn sie denn überhaupt ohne kostenträchtige "Pflege" hier dauerhaft wachsen wollen.
Es gibt also etwas zu tun.
Ob im städtischen oder ländlichen Raum: Für das Gewässer selbst ist eine wesentliche Verbesserung als Lebensraum noch möglich, wie die beiden vorstehenden Beispiele aus Dänemark bzw. Niedersachsen zeigen.
Das gilt selbstverständlich auch für den oberen, baumleeren Teil des Seevekanals in Niedersachsen. Hier ist sehr schön zu erkennen, dass der Stromstrich, der für das notwendige Wasser der Betriebe in Hamburg notwendig ist, nur etwa ein Drittel der Kanalbreite benötigt. Der gesamte Rest kann also für die erforderlichen Verbesserungen genutzt werden.